Wer führt die rechtliche Betreuung? - Ein Fremder?

Nein.

Manche Medien spiegeln zwar immer wieder vor, dass eine rechtliche Betreuung grundsätzlich gleichbedeutend mit einem (bösen) fremden Berufsbetreuer ist. Man möchte die Bevölkerung damit in Angst versetzen und Einschaltquoten oder Auflagezahlen erhöhen. Denn was Menschen bedroht, nehmen sie besonders intensiv wahr.

Aber die Realität ist eine andere.

Bei der Auswahl der Person, die eine rechtliche Betreuung ausüben soll, gibt es eine Regelung:

  1. Wunsch des Menschen, der rechtliche Betreuung benötigt, soweit er/sie sich nicht selbst mit diesem Wunsch schadet.

    Wenn der/die Betroffene krankheitsbedingt keinen Wunsch äußern kann:

  2. Ehemann/Ehefrau
  3. Lebensgefährte/Lebensgefährtin
  4. Eltern
  5. Söhne/Töchter
  6. Großeltern/Enkel
  7. Geschwister
  8. Nichten/Neffen
  9. Weitere Vertrauenspersonen

Sonderregelungen gelten, wenn:

  • vertragliche, existenzielle Abhängigkeiten des/der Betroffenen vom Angehörigen bestehen, durch die die Interessen der beiden „Partien“ kollidieren könnten (z. B. Übergabeverträge),
  • schwere Krankheit der gewünschten Vertrauensperson, die eine Ausübung der rechtlichen Betreuung unmöglich macht,
  • andere Gründe, die ein Handeln von Angehörigen im Interesse des/der Betroffenen verhindern können, z. B. Konflikte in der Familie oder ein Arbeitsvertrag mit der Einrichtung, in der der/die Betroffene versorgt wird.


Aus all dem ergibt sich:

  1. Zentral ist der Wunsch des oder der Betroffenen.
  2. Kann er/sie keinen Wunsch äußern, haben Vertrauenspersonen zunächst Vorrang bei der Auswahl rechtlicher Betreuer.
  3. Es gibt Situationen und Konstellationen, bei denen im Interesse von Betroffenen von diesem Vorrang abgewichen werden muss. Diese Einzelfälle wurden im Vorfeld genau geprüft und mit den Beteiligten besprochen.

Rechtliche Betreuung durch Angehörige und engagierte Privatpersonen

Die Zahl der Angehörigen, die in unserem Landkreis rechtliche Betreuungen führen, blieb seit 2010 ungefähr stabil.

In gleichem Zeitraum wuchs aber auch die Zahl der Privatpersonen, die als Ehrenamt rechtliche Betreuungen für ihnen fremde Menschen führen und sie in ihrer Freizeit begleiten. Diese engagierten Privatpersonen haben in der Regel berufliche Vorerfahrungen, die hierbei sehr hilfreich sind.

Rechtliche Betreuung durch Angehörige und engagierte Privatpersonen
Rechtliche Betreuung durch Angehörige und engagierte Privatpersonen

Professionelle rechtliche Betreuung – Berufs- und Vereinsbetreuer/innen

Professionelle Betreuer/innen werden dann bestellt, wenn

  • die Betroffenen das wünschen,
  • keine Angehörigen vorhanden sind, die die rechtliche Betreuung führen können,
  • die Angehörigen von den Folgen der Erkrankung des/der Betroffenen stark in Mitleidenschaft gezogen wurden und Entlastung aus fachlichen Gründen dringend erforderlich ist,
  • die Problemlage so umfangreich ist, dass sie Laien überfordert,
  • Interessen des/der Betroffenen mit den Interessen eines/r Angehörigen aufgrund von schriftlichen oder mündlichen Verträgen kollidieren können.

In einigen Fällen werden professionelle Betreuer/innen ergänzend für einen Teilbereich eingesetzt, in dem Angehörige aus unterschiedlichen Gründen nicht tätig werden können.

Die Erforderlichkeit einer professionell geführten rechtlichen Betreuung wird vor der richterlichen Entscheidung genau geprüft.

Professionelle rechtliche Betreuung– Berufs- und Vereinsbetreuer/innen
Professionelle rechtliche Betreuung

Wer sind die professionellen Betreuer/innen in unserem Landkreis?

Großen Wert legen wir darauf, berufserfahrene und persönlich gereifte professionelle Betreuer/innen einzusetzen. Alle, die für und mit rechtlich Betreuten arbeiten, sind Werteträger unserer Gesellschaft.

Die beruflichen Anforderungen an professionelle Betreuer/innen sind sehr umfangreich:

Zum einen haben sie die Verantwortung für die Gesundheit, zum andern für die Schaffung oder den Erhalt bestmöglicher Lebensbedingungen und Hilfestellungen für 20 bis 60 schwer beeinträchtigte Menschen. Medizinisches Grundwissen, sozial- und zivilrechtliche Kenntnisse, Wissen um das gesamte Sozialwesen und die komplexen Antragstellungen für Hilfen, die Fähigkeit mit einem multiprofessionellen Netzwerk zu kooperieren und eine ausgeprägte Selbstorganisation bilden die Basis.

Wir können im Landkreis Altötting seit vielen Jahren auf einen festen Kreis von Diplom-Sozialpädagogen/innen, Juristen/innen sowie kompetenten Fachkräften aus der Medizin, Pflegefachwirtschaft und Justiz bauen. Die meisten unserer professionellen Betreuer/innen sind zum 31.12.2020 bereits seit 5, teilweise sogar seit 25 oder mehr Jahren tätig. Sie verfügen entsprechend über sehr hohe Kompetenz und Berufserfahrung sowie eine Vielzahl stabiler Kontakte im Gesundheits- und Sozialwesen. Auch die in den vergangenen 4 Jahren hinzugekommenen professionellen Betreuer/innen sind ein großer Gewinn für unseren Landkreis.

Seit einigen Jahren vollziehen wir im örtlichen Betreuungswesen nach und nach den Generationenwechsel bei den professionellen Betreuern/innen. Wir wollen einen fließenden Übergang in gute Hände sicherstellen.